Erfahrungsbericht: Die Zeit nach den Examensklausuren

FINALLY! Das juristische Staatsexamen ist geschafft. Aber wie geht es eigentlich weiter??

Die Abgabe der letzten schriftlichen Examensprüfung – auf diesen Zeitpunkt fiebert jeder Examenskandidat hin. Endlich ist das Kapitel „Staatsexamen“ zumindest fürs erste abgeschlossen und man kann sich ein bisschen Erholung gönnen. 

 

Was einem wie der Himmel auf Erden vorkommt, entpuppt sich jedoch schnell als Achterbahnfahrt der Gefühle. Diese lässt sich am besten in drei Phasen aufteilen, die ich in den vergangenen Wochen am eigenen Leib erfahren durfte:

 

Phase 1: die ersten Wochen in Freiheit

 

Kaum hat man ungläubig das letzte Gutachten abgegeben, steht man mit einem Sekt in der Hand vor dem Gericht und denkt sich „Immerhin ist es jetzt vorbei!“. Man nimmt sich vor, sich ein paar schöne Tage zu machen und auf die erbrachte Leistung anzustoßen – unabhängig davon, ob man diese nun für gut befindet oder nicht. Doch die Entspannung stellt sich langsamer ein als gedacht: man wacht weiterhin in aller Früh auf, schreibt sich trotzdem täglich to-do-Listen und weiß eigentlich gar nicht so genau was man mit sich selbst anfangen soll. Wer besonders viel Glück hat, reist direkt in den Urlaub oder zu Verwandten. Ziel ist es sich so viele Kilometer wie nur möglich vom eigenen Schreibtisch zu entfernen. Denn ganz nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn!“ lässt es sich auf diese Weise am besten abschalten.

 

Phase 2: die Warteschleife 

 

Nach einigen Wochen erinnert man sich wieder an sein Leben vor der Examensvorbereitung: Freunde treffen, Hobbies nachgehen, faulenzen. Kaum konnte man sich endlich entspannen, findet der Urlaub sein Ende und mit diesem endet auch die sich nur langsam einstellende Erholung beim Examenskandidaten. Plötzlich ist man wieder zuhause und hat den Schreibtisch samt Gesetzestexten im Blick. Man bekommt mit, dass einige Kommilitonen wieder mit dem Lernen begonnen haben, also nimmt man sich dasselbe vor. Dies ist jedoch leichter gesagt als getan, denn man darf schnell feststellen, dass man sich gar nicht mehr so gut konzentrieren kann wie vor dem Examen. Nicht nur das, plötzlich erinnert man sich beim Wiederholen an alle Fehler, die man so in sein Gutachten geschrieben hat. Und man fängt sich zu fragen, wofür man jetzt überhaupt lernt: für die mündliche Prüfung? Für den Verbesserungsversuch? Für den Regelversuch? – egal, Hauptsache nicht vergessen! 

 

Phase 3: die letzten Tage vor der Veröffentlichung der Ergebnisse 

 

Die Wochen vergehen und man ist immer noch nicht richtig in seinem Lernrhythmus angekommen. Der Zeitpunkt an dem das Justizprüfungsamt die Liste mit den Kennziffern, die den Durchgang nicht bestanden haben, veröffentlicht rückt aber immer näher. Einerseits will man endlich Gewissheit bezüglich seiner Ergebnisse erlangen, andererseits fürchtet man diesen Tag, denn keiner möchte seine Ziffer dort lesen. Ich kam mir so vor, als würde ich am Flughafengate stehen und auf den Abflug warten – das Problem ist nur, dass mir keiner sagt wann das Flugzeug fliegt und ob ich überhaupt an Bord darf. Zu diesem Zeitpunkt ist der Kopf so damit beschäftigt, alle möglichen Szenarien des Bestehens oder Nichtbestehens durchzuspielen, dass für Lernen oder Entspannung kaum noch Kapazitäten übrig sind.

Die Erlösung

 

Und dann ist er endlich gekommen: der Moment der Gewissheit. Ob man sich nun dazu entscheidet selbst auf die Liste der Kennziffern zu schauen (von uns Jurastudenten auch liebevoll „Todesliste“ genannt), oder ob man Freunde und Familie damit beauftragt ist egal, denn am Ende des Tages müssen wir da alle durch. Manisch öffnet man die Liste und sucht nach seiner Nummer. Man sucht und sucht und sucht. Und findet seine Kennziffer nicht. Bestanden! Ich darf also an Bord und das nächste Ziel ist die mündliche Prüfung! Wer bisher nur halbherzig gelernt hat, legt jetzt erst richtig los. Die Motivation ist hoch, das ganze Lernen hat sich gelohnt und ein Ende ist in Sicht! Nach ein paar Tagen, welche man mit dem Vorbereiten auf die mündliche Prüfung verbracht hat, kommt dann endlich der Brief und man erfährt seine Note. In diesem Moment sollte man sich vor Augen halten, dass man sich durch die Mündliche Prüfung punktetechnisch noch hochziehen kann und sich von dem Ergebnis nicht demotivieren lassen – schließlich hat man bestanden und das allein ist schon eine überordentliche Leistung!

 

Das Ende

 

Die Achterbahnfahrt endet schließlich mit dem Absolvieren der mündlichen Prüfung. Auch diese flößt einem Respekt ein, denn ob es gut läuft oder nicht ist tagesformabhängig. Wer sich aber die letzten Wochen mit dem Prüfungsstoff und den Protokollen beschäftigt hat und sein Allgemeinwissen aufpoliert hat, der sollte da gut durchkommen. Der Nervenkitzel ist schnell vorbei und man wird von Familie und Freunden vor dem Gerichtsgebäude abgeholt. Erst da realisiert man: „jetzt ist es wirklich vorbei!“. Endlich ist man bereit mit diesem Kapitel abzuschließen und sich einem neuen zuzuwenden, was in meinem Fall das Schwerpunktstudium darstellt. Mit dieser Bereitschaft findet die Zeit nach dem staatlichen Teil des Examens endlich ihr Ende. 

 

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